Job im Haus der Kulturen

Wetter / 23.09.2015 • 18:57 Uhr
Jasmin Stevic-Schmidt in der Tischlerei des „Haus Abraham“. Dort finden die Bewohner des Hauses Beschäftigung. Foto: VN/Hofmeister
Jasmin Stevic-Schmidt in der Tischlerei des „Haus Abraham“. Dort finden die Bewohner des Hauses Beschäftigung. Foto: VN/Hofmeister

Jasmin Stevic-Schmidt betreut seit einem Jahr Flüchtlinge im „Haus Abraham“. Die Familie gibt ihr Halt.

Feldkirch. (VN-mip) Das Haus Abraham ist so etwas wie der Mick Jagger des Flüchtlingswesens: Es ist das älteste Flüchtlingsheim der Caritas in Vorarlberg. Es ist Vorbild für viele Heime in ganz Österreich. Und es rockt oder macht zumindest Krach. Denn das „Haus Abraham“ in Feldkirch-Gisingen ist nicht nur ein Heim für rund 55 Flüchtlinge, es ist auch eine Tischlerei. Es wird geschreinert, gehämmert, gebohrt. Am Freitag rückt das Haus in den Fokus der Öffentlichkeit. Bei der „Langen Nacht der Flucht“ können Schulklassen die Arbeit im Haus kennenlernen. Eine, die das Haus vorstellt, ist Jasmin Stevic-Schmidt. Die Dornbirnerin arbeitet seit einem Jahr als Betreuerin im Haus. Sie ist eine Spätberufene.

Um die 55 Flüchtlinge wohnen im „Haus Abraham“. Männer, Frauen, Kinder; Syrer, Afghanen, Somalis; ein buntes und reges Leben. Hauptverantwortlich dafür, dass das Zusammenleben funktioniert, sind drei Personen: Neven Trobonjaca, Carina Zengerle und Jasmin Stevic-Schmidt. Letztere ist seit einem Jahr dabei, und schwärmt: „Die Arbeit ist sehr intensiv, aber auch wirklich interessant. Sozialarbeit ist ein spannendes Thema.“ So spannend, dass sie vor einigen Jahren beschloss, den Beruf zu wechseln.

Die Dornbirnerin begann ihr Arbeitsleben im Gastgewerbe. Wegen ihrer Kinder Michelle und Marco blieb sie einige Jahre zu Hause, bevor sie umsattelte und Sozialarbeit an der Fachhochschule (FH) Dornbirn studierte. Nach einigen Praktika, unter anderem in Feldkirch, bekam sie den Job im Haus Abraham. Zur Arbeit fährt sie mit dem Zug. „Die halbe Stunde Hin- und Rückfahrt hilft mir, Privates und Berufliches zu trennen und etwas runterzukommen“, erklärt Stevic-Schmidt. Die ständige Wanderung zwischen Nähe und Distanz sei nicht immer leicht. Die Flüchtlingsbetreuerin verbringt den Tag mit Menschen, die meist eine schreckliche Geschichte hinter sich haben. „Meine Familie hilft mir, abzuschalten“, erklärt sie. Die Familie, das sind ihre zwei Kinder und Mann Uwe. Vor zwei Wochen haben sie geheiratet.

Ihr Büro in Feldkirch ist spartanisch eingerichtet. Auf alten Tischen, die einmal dem Militär gehört haben, stehen die Computer. An den Wänden hängen Briefe: Ladung, Ladung, Ladung, Termin. Sie sind für die Asylwerber im Haus. Zwei der Bewohner warten seit acht Jahren auf den Bescheid. Der Kampf gegen die Langeweile ist eine der größten Aufgaben der Betreuer. „Nichts tun ist das Schlimmste“, sagt Stevic-Schmidt. Aber das Zusammenleben klappe gut, denn Aufgaben gibt es. Die Tischlerei zum Beispiel. Oder die Kinder. Drei Kinder leben mit ihren Müttern im Haus. „Die Kinder bringen Leben und eine ganz andere Dynamik hier rein. Wir sind ein Haus voller Babysitter, Kinder haben einen hohen Stellenwert.“

Besonders spannend sei die Zusammenkunft der Kulturen. „Andere Volksgruppen haben ganz andere Prioritäten. Bei uns ist Pünktlichkeit wichtig, anderen Kulturen sind andere Dinge mehr wert. Da müssen beide aufeinander zugehen. Beziehungsarbeit ist das A und O“, erklärt die Betreuerin.

Schulklassen haben die Chance, sich bei der „Langen Nacht der Flucht“ am Freitag selbst ein Bild des Hauses zu machen. In drei Stationen erklären die Betreuer, wie ein Asylverfahren läuft, wie das Leben im Haus ist und was mit Asylwerbern passiert, nachdem eine Entscheidung über ihren Status getroffen wurde.

Beziehungsarbeit ist das A und O bei der Arbeit mit Flüchtlingen.

Jasmin Stevic-Schmidt

Zur Person

Jasmin Stevic-Schmidt

Flüchtlingsbetreuerin im „Haus Abraham“ in Feldkirch-Gisingen

Wohnort: Dornbirn

Geboren: 21. Oktober 1977

Ausbildung: Sozialarbeit, FHV

Familie: Kinder Michelle (16) und Marco (13), verheiratet mit Uwe

Alle Veranstaltungen zur „Langen Nacht der Flucht“ in ganz Vorarlberg: www.langenachtderflucht.at