So normal ist Anderssein

Wetter / 13.03.2016 • 18:19 Uhr
Simone Stahl ist stolz auf ihre Tochter Magdalena. Das Mädchen hat sich zu einer selbstständigen Persönlichkeit entwickelt. Foto: vn/steurer
Simone Stahl ist stolz auf ihre Tochter Magdalena. Das Mädchen hat sich zu einer selbstständigen Persönlichkeit entwickelt. Foto: vn/steurer

Simone Stahl will im Verein „Down-Syndrom“ einen Beitrag zur Aufklärung leisten.

höchst. (VN-mm) Simone Stahl trägt die kleine Mona auf dem Arm. Ihre ältere Tochter wähnt sie irgendwo unter den anderen Besuchern im Raum. „Magdalena ist sehr selbstständig“, sagt die Mutter. Trotzdem hat das Mädchen das Leben der Familie verändert, denn Magdalena wurde mit dem Down-Syndrom geboren. „Wir mussten lernen, alles langsamer anzugehen“, erzählt Simone Stahl, als die Achtjährige auftaucht. Sie streicht ihr liebevoll eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht, um sie dann mit einer bunten Spange festzumachen. Danach verschwindet das Mädchen wieder im Trubel.

Sensibilisierung

Die Mutter lässt sie mit einem Lächeln gehen. Sie vertraut Magdalena in dem, was sie kann und tut. Dieses Vertrauen war auch da, als das Mädchen zur Welt kam. „Mein Mann und ich kommen beide aus dem therapeutischen Bereich. Deshalb war uns sofort klar, dass Magdalena eine Trisomie 21 hat“, berichtet Simone Stahl. Sie arbeitet als Logopädin, ihr Mann ist Physiotherapeut. Deshalb sei es ihnen von Anfang an relativ leichtgefallen, mit dem Anderssein ihrer ersten Tochter gut umzugehen.

Trotzdem schloss sich die Familie irgendwann der Arbeitsgruppe Down-Syndrom an. Seit heuer ist Simone Stahl auch im Vorstand vertreten. „Wir möchten Ansprechpartner für betroffene Familien sein, wenn Eltern dies wünschen. Wir bieten Beratung und Hilfe, organisieren Eltern-Kind-Treffs, gesellige Zusammenkünfte und Ausflüge sowie Freizeit- und Therapieaktivitäten“, listet sie das umfangreiche Angebot auf. „Außerdem ist uns wichtig, durch Öffentlichkeitsarbeit zu sensibilisieren und darüber aufzuklären, wie lebenswert ein Dasein mit Down-Syndrom ist“, ergänzt Simone Stahl. Sie weiß, dass sich viele Paare gegen das Kind entscheiden, wenn die Diagnose feststeht. Sie stellt es ganz neutral fest, wertfrei und ohne Zwischentöne. Gleichzeitig kann sie auch von werdenden Eltern berichten, die schon während der Schwangerschaft den Verein kontaktiert und aufgrund dessen „Ja“ zu ihrem Kind gesagt haben.

Gute Integration

Simone Stahl kann die Ängste verstehen, die sich bei der Vorstellung auftun, ein Kind mit Behinderung großziehen zu müssen. Die Gesellschaft gehe heute zwar offener mit Behinderungen um, doch im Alltag seien immer noch Hürden zu überwinden. Mit ihrer aktiven Mitarbeit im Verein will sie helfen, solche Barrieren abzubauen. Bei Magdalena setzten die Eltern auf Frühförderung und Integration. „Sie war im Kindergarten gut integriert, und sie ist es jetzt im Sonderpä­dagogischen Zentrum in Lustenau“, sagt die Mutter. Dort fühlt sich das Mädchen wohl, dort ist es glücklich. „Für sie ist dieser kleine Rahmen das Richtige“, bekräftigt Simone Stahl. Ihre Tochter weiß auch genau, was sie nicht will, nämlich therapeutisch mit Mama arbeiten. Das lehnte sie stets ab. Logopädisch wird Magdalena deshalb vom aks betreut. 

Magdalena war nach Maximilian (9) das zweite Kind. Mit dem dritten ließen sich die Eltern bewusst Zeit. „Nicht aus Angst“, wie Simone Stahl betont. Sie wollten einfach nur sehen, wie sich Magdalena entwickelt. Das kleine Mädchen machte sich in jeder Beziehung gut. Sie radelt selbstständig und lernt jetzt Skifahren. Keine Minute mit ihr möchte Simone missen. Sie liebt die Offenheit und Herzlichkeit, mit der Menschen wie ihre Tochter der Welt begegnen. Sie schätzt es, dass Magdalena dem Leben der Familie ein bisschen die Geschwindigkeit genommen hat.

Im Alltag gibt es immer noch Hürden zu überwinden.

Simone Stahl

Zur Person

Simone Stahl

Geboren: 16. Juni 1978 in Bregenz

Wohnort: Höchst

Familienstand: verheiratet, drei Kinder (9, 8 und 3 Jahre)

Beruf: Logopädin und Mutter

Hobbys: Skifahren, Singen