Ausdruck, Inhalt und Form

Wetter / 25.04.2016 • 18:31 Uhr
Tamara Ofner mit einer Papierrolle, auf der die Ergebnisse einer „Free Writing“-Übung zu lesen sind. Foto: VN/pes
Tamara Ofner mit einer Papierrolle, auf der die Ergebnisse einer „Free Writing“-Übung zu lesen sind. Foto: VN/pes

Tamara Ofner aus Hohenems will Jung und Alt die Angst vor dem Schreiben nehmen.

Hohenems. (VN-pes) Eine aktuelle Studie schlägt Alarm: Zahlreiche Vorarlberger Volksschüler haben große Probleme in Deutsch. Eklatant sind die Defizite im Lesen und Schreiben. Tamara Ofner aus Hohenems ist das ein Graus. Die 51-jährige Sozialarbeiterin hat das Schreiben zu ihrer Leidenschaft gemacht und will nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen helfen, Defizite in diesem Bereich loszuwerden. Denn schreiben zu können hat nichts mit Intelligenz zu tun, sagt sie, sondern mit Wahrnehmung. 

Es war schon lange vor den aktuellen Studien über die Deutsch-Defizite von Volksschülern, als Tamara Ofner erkannte, dass die Fähigkeit, verständlich zu schreiben, vielen Menschen ein gutes Stück weit fehlt. Zu der Zeit war sie Sozialarbeiterin beim IfS. „Wir haben damals viele Formulare für die Menschen ausgefüllt“, erinnert sie sich. Sie selbst hat immer schon gern geschrieben und sich entschlossen, sich in diesem Feld weiterzubilden.

Viele scheuen sich

Mit diesem Wissen will sie Menschen helfen, ihre Scheu vor dem Schreiben abzulegen. „Ich staune immer wieder, wie groß der Angstlevel ist“, sagt sie aus Erfahrung. Viele Menschen scheuen sich davor, sich schriftlich auszudrücken. Tamara Ofner hilft einerseits Flüchtlingen dabei, die deutsche Schriftsprache zu erwerben, gibt aber auch Kurse für Muttersprachler, die aus verschiedenen Gründen mit dem Schreiben Probleme haben. Sie selbst hatte schon immer eine Leidenschaft fürs Schreiben. In Berlin studierte sie kreatives und biografisches Schreiben im Masterstudiengang, an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder will sie noch höher hinaus. „Ich habe ein Dissertationsprojekt zum Thema ,Wahrnehmung, Denken und Schreiben‘ in Planung“, erklärt sie. Doch zu diesem Ziel hat sich die Hohen­emserin emporgearbeitet.

„War ein Bücherwurm“

„Ich war schon als Kind ein Bücherwurm“, erinnert sie sich. Viel Zeit hat sie damals schon in Bibliotheken verbracht. „Mit 15 habe ich dann angefangen zu arbeiten“, erzählt sie. Eine richtige Ausbildung – zur Bürokauffrau – hat sie erst später gemacht. Geschrieben hat sie auch als Jugendliche schon gern. Doch von dem Wunsch, selbst einen Roman zu schreiben, kam sie bald ab. Größer als der Wunsch, selbst ein Werk zu publizieren, war ihr Interesse, dem Wesen des Schreibens auf den Grund zu gehen. „Schreiben ist ein Zusammenspiel von Ausdruck, Inhalt und Form“, ergänzt Ofner.

Freies Schreiben

Mit Menschen arbeitete sie gern. Nach sechs Jahren in der Behindertenarbeit ließ sie sich zur Sozialarbeiterin ausbilden. In ihrer Arbeit beim IfS war es dann, dass ihr die Schreibdefizite vieler Menschen bewusst wurden. In ihren Kursen will sie heute erst einmal den Menschen die Angst nehmen. „Free Writing“ heißt eine der Übungen, mit der das gelingen soll. Dabei schreiben die Teilnehmer auf das Papier einer Flipchart das auf, was sie möchten. Einfach mal drauflosschreiben heißt die Devise. Die Ergebnisse werden auf einer langen Papierrolle gesammelt.

Oder sie arbeitet mit dem sogenannten Akrostychon. Dabei bilden die einzelnen Buchstaben eines Wortes die Anfangsbuchstaben neuer Begriffe. Die gilt es zu beschreiben und die Gedanken dann zu Papier zu bringen. „Das ist eine uralte Methode zum Kennenlernen der Buchstaben“, sagt Ofner. Ein Schritt auf dem Weg, die Scheu vor dem Schreiben abzulegen.

Ich war überrascht, wie groß die Angst vor dem Schreiben ist.

Tamara Ofner

Zur Person

Tamara Ofner

ist selbstständige Schreibberaterin

Geboren: 1965

Laufbahn: Bürokauffrau, Sozialarbeiterin

Familie: alleinstehend

Hobbys: Natur, Kochen