“Bin noch rüstig genug”

Wetter / 01.09.2016 • 18:28 Uhr
Johanna Neuffer lebt glücklich mit Kater Sammy (Bild) und den Katzendamen Jenny und Mira in der Bregenzer Achsiedlung.  Foto: VN
Johanna Neuffer lebt glücklich mit Kater Sammy (Bild) und den Katzendamen Jenny und Mira in der Bregenzer Achsiedlung. Foto: VN

Die Achsiedlerin Johanna Neuffer ist seit nahezu sechs Jahrzehnten für die VN im Einsatz.

bregenz. (VN-hrj) Die Wohnungstür geht auf. Johanna Neuffer steht mit einer Gießkanne in der Hand da. Sie wollte gerade ihre Orchideen gießen. Doch das kann warten. Die 77-Jährige setzt sich an den Tisch, verschränkt die Arme, fängt an zu erzählen. Von damals, als sie im Alter von 17 Jahren ihre Heimat, das Kärntner Gailtal, verlassen hat, um im westlichsten Westen Österreichs Arbeit zu finden. „Bei uns daheim gab es damals keine“, sagt sie.

Zuerst war Johanna als Küchengehilfin in Gasthäusern in Höchst und Bregenz beschäftigt. Wenig später bekam sie eine Stelle in einer Bregenzer Kosmetikfirma.

Stelle beim „Russ-Verlag“

1957 lernte sie Egon kennen, den Mann, den sie ein Jahr später geheiratet und mit dem sie eine Familie mit einer Tochter und einem Sohn gegründet hat. Egon war Botengänger für die VN. Sie selbst bekam dann auch eine Stelle beim „Russ-Verlag“, wie das heutige Unternehmen Russmedia dazumal von vielen genannt wurde. „Im März 1957 begann ich in der Buchbinderei zu arbeiten.“

An ihren ersten Arbeitstag kann sie sich noch gut erinnern: „Ich kam um halb acht Uhr und wurde mit Liebe von einer älteren Frau aufgenommen. Philomena Schmid hieß sie. Als Erstes zeigte sie mir, wie man Bücher schneidet.“

1972 begann Johanna Neuffer – zu ihrer Tätigkeit in der Abteilung Versand, in die sie zwischenzeitlich gewechselt war – die VN und andere im Verlag gedruckte Zeitungen auszutragen. Zu dem ihr zugeteilten Straßenzug zählten unter anderem die Mehrerauerstraße, Druckergasse, Vorklostergasse, der Brachsenweg, die Achsiedlungstraße.

Trotz ihres Alters und der Pensionierung 1994 trägt Johanna Neuffer auch heute noch Zeitungen aus – vor allem dann, wenn ihr Nachfolger aus welchen Gründen auch immer ausfällt. „Ich bin nicht nur rüstig genug, sondern mache das auch gerne. Die Arbeit macht mir Spaß.“ Das Schöne daran sei, „dass man geschätzt wird. Dann arbeitet man noch viel lieber.“

Die Zeitungsbündel werden beim Stadtteilbüro der Achsiedlung abgeladen. „Dort hole ich sie gegen halb 12 Uhr nachts und trage sie aus.“ Allerdings vertrete Johanna jetzt nur mehr die Achsiedlung. Dort wohnt sie selbst seit ihrer Scheidung, und die ist 27 Jahre her. Einmal habe sie sich schon überlegt, von hier wegzuziehen. „Aber davon bin ich wieder abgekommen“, erzählt sie. „Ich fühle mich hier zu Hause. Darum habe ich beschlossen in der Achsiedlung zu bleiben – mit meinen Katzen.“ Drei sind es insgesamt: Mira, Sammy und Jenny. Während Jenny sich irgendwohin verkrochen hat und Sammy in einem Hängebett am Kratzbaum döst, schmiegt sich Mira an Johannas Gesicht und fordert schnurrend Streicheleinheiten.

Keine Angst vorm Sterben

Nein, bei der Feier „40 Jahre Achsiedlung“ am Samstag werde man sie nicht antreffen, stellt Johanna klar. „Ich bin keine Festerin. Ich bin mit meinen Tieren in meinen vier Wänden glücklich.“ Die Wohnung verlasse sie selten. An Samstagen, wenn sie mit ihrer Freundin essen gehe oder wenn sie die ebenso in Bregenz lebende Familie ihres Sohnes besuche. An der Familie hängt sie sehr. Besonders an ihren beiden Enkelinnen. Die Mädchen sind 15 und 13 Jahre alt.

Vor dem Sterben hat Johanna keine Angst. „Das kann jeden Moment passieren. Wann immer Gott mich ruft, gehe ich halt“, sagt sie und schmunzelt. Noch aber lebe sie gerne. „Solange ich noch Lust zum Arbeiten habe und alles selber machen kann, ist das Leben schön.“ Im Übrigen müsse sie jetzt die Orchideen gießen.  

Ich bin mit meinen Tieren in meinen vier Wänden glücklich.

Johanna Neuffer

Zur Person

Johanna Neuffer

trägt trotz ihrer 77 Jahre noch immer Zeitungen aus.

Geboren: 9. Juni 1939 

Wohnort: Bregenz, Achsiedlung

Familie: Geschieden, Mutter von zwei Kindern, Großmutter zweier Mädchen.