Mut zu mehr Gelassenheit

Christian Hörl beschäftigt sich in seinem Buch mit der Frage, was das Menschliche ausmacht.
lauterach. (VN-ram) Immer wieder sei er durch eigene Erfahrung oder im Gespräch mit anderen mit dem Thema Perfektion konfrontiert worden, mit dem Wunsch, möglichst fehlerlos und vollkommen zu sein, sagt Christian Hörl. „Dabei entspricht dies gar nicht dem menschlichen Charakter. Nicht nur das Positive, sondern auch das Negative macht Menschlichkeit aus. Die Licht- und die Schattenseiten.“ Da ihn dieses Thema intensiv beschäftigte, hat Hörl, ehemaliger Klubobmann der Vorarlberger Grünen und heute als selbstständiger Unternehmensberater mit Schwerpunkt im Kommunikationsbereich, Coaching, Supervision sowie Projektbegleitung tätig, das Buch „Unvollkommen vollkommen“ geschrieben. Damit will er auch anderen den Mut zu mehr Gelassenheit geben.
Austausch mit anderen
„Menschen sind nicht wie Maschinen“, erläutert der gebürtige Salzburger, der sich für das Schreiben ein Jahr Zeit, „ein Schmankerljahr“, genommen hat. „Trotzdem versuchen wir, unseren Erfindungen nachzueifern. Sie können die Aufgaben aber immer effizienter und schneller als wir erledigen.“ Hörl sieht Menschen vielmehr wie Klang- und Resonanzkörper, die auf den Austausch mit anderen angewiesen sind. „Miteinander erkennt man mehr vom Ganzen“, ist der 55-Jährige überzeugt. Auch in seiner freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmensberater, die er seit dem Abschied aus der Politik ausübt, spielt der Dialog eine wichtige Rolle. Als Gesprächsform hebt er besonders den Kreisdialog hervor. Im Kreis können die Teilnehmer ihre Gedanken und Emotionen, entweder zu einem gewissen Thema oder völlig frei, einbringen. Auch die Ruhigen kommen zu Wort. Richtig oder falsch gibt es nicht. Unvollkommen vollkommen eben.
Im Jahr 2000 ist Hörl aus der Politik ausgeschieden. Mit Blick auf seinen alten Beruf meint er: „Bei vielen Politikern steht die Inszenierung im Vordergrund, weniger der Inhalt. Es fehlt der Gestaltungsanspruch.“ Den Abschied aus der Politik hat er nicht bereut, vielmehr habe er ihm Möglichkeiten eröffnet, die er vorher „mit der parteipolitischen Brille“ nicht hatte. „Zunehmend konzentriert sich alles auf einzelne Personen. Diese Tendenz hat vielleicht auch mit dem Anspruch der Politiker, perfekt zu sein, zu tun“, glaubt der 55-Jährige.
Für die Zukunft hat sich der derzeit noch in Lauterach lebende Hörl einiges vorgenommen. „Meine Frau und ich werden unseren Lebensschwerpunkt nach Wien verlagern.“ An der Hauptstadt fasziniert ihn die „Brückenfunktion, der Dialog zwischen Ost und West“. Gleichzeitig bleibe Vorarlberg aber ein wichtiger Ort für ihn, sagt Hörl. „Der Umzug ist quasi ein Projekt auf Zeit, erst einmal für drei Jahre geplant.“
Miteinander können wir mehr vom Ganzen erkennen.
Christian Hörl
Zur Person
Christian Hörl
Geboren: 23. Juni 1962 in Bruck an der Großglocknerstraße (Salzburg)
Wohnort: Lauterach
Familie: verheiratet, ein Sohn, eine Tochter
Hobbys: Wandern, Lesen, Klarinettespielen, Reisen
„Unvollkommen vollkommen“ (im Eigenverlag erschienen), ist in den Brunner Buchhandlungen, Das Buch und im Bildungshaus St. Arbogast erhältlich.