Bäume mit und ohne Makel

Seine Christbäume sind frisch, weil er sie kurz vor Weihnachten fällt.
Dornbirn Wie jedes Jahr werden Heinz und Bettina Spiegel in ihrer Stube auch heuer wieder einen Christbaum aufstellen, der alles andere als klassisch schön ist. „Letztes Jahr hatten wir einen, der war klein, aber so breit, dass wir ihn kaum ins Haus hineingebracht haben. Er hatte drei Wipfel“, erinnert sich Heinz Spiegel schmunzelnd. Den Spiegels kommt nur ein Christbaum mit Schönheitsfehlern ins Haus. Denn: „Die Natur ist nicht vollkommen. Und wir selber auch nicht.“ Nach Spiegel gibt es d e n schönen Weihnachtsbaum ohnehin nicht. „Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Wichtig ist, dass er dem zukünftigen Besitzer gefällt.“ Gestern verlangte eine Kundschaft von Spiegel einen besonderen Baum. „Die Frau entschied sich für einen, der nicht unbedingt schön gewachsen war“, macht der Christbaum-Züchter aus Dornbirn klar, dass die Geschmäcker verschieden sind.
Arbeit in der Natur erfüllt ihn
Früher, als Spiegels Vater mit der Christbaumzucht Mitte der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts begann, waren Fichten und Weißtannen „in“. Heute ist die Nordmann-Tanne am gefragtesten. „Sie sind dichter, weil sie mehr Äste und längere Nadeln haben. Außerdem halten sie länger“, erklärt der Fachmann, warum diese Baumart so beliebt ist als Christbaum. Spiegel selbst lässt seinen einen Monat lang aufgestellt. „Das geht, wenn man ihm Wasser gibt und er nicht neben einem Kachelofen steht.“ Je später die Bäume gefällt werden, desto länger halten sie. Im Gegensatz zu vielen anderen Züchtern, die oft schon Anfang November die Bäume fällen, sägt Spiegel sie erst kurz vor Weihnachten ab.
„Meine Kunden schätzen es, dass sie noch ganz frisch sind.“ Der Dornbirner hat viele Stammkunden, vorwiegend aus dem Raum Dornbirn. Einige lassen sich die Christbäume zustellen, andere suchen den persönlichen Kontakt. „Bei mir bekommt jeder ein Stamperl selbstgebrannten Schnaps“, genießt Spiegel das gesellige Beisammensein mit seinen Kunden im Advent.
Die Christbaum-Zucht ist für ihn mehr Hobby als „großes Geschäft“. Pro Jahr verkauft der Dornbirner zirka 100 Christbäume. „Mehr habe ich nicht.“ Auf seiner Plantage wachsen rund 2000 Tannen. „Es dauert zehn Jahre, bis sie so groß sind, dass ich sie verkaufen kann. Geduld, die braucht ein Christbaum-Züchter. Und einen grünen Daumen und Wissen über Bäume und die Natur. All das hat Spiegel reichlich. Der Sohn eines Waldbesitzers, welcher einst das Firstgebiet in Dornbirn mit mehreren Hunderttausend Tannen bewaldete, war schon als Kind jede freie Minute im Wald. „Ich durfte Papa beim Schaffen helfen. Ich war beleidigt, wenn er mich einmal nicht mitgenommen hat.“ In jenen Kindertagen wurde seine Liebe zur Natur geboren.
Nach einem mehrjährigen Intermezzo als Projektleiter in einem großen Unternehmen machte sich der HTL-Absolvent und Mechatronik-Meister 2012 als Forstunternehmer selbstständig. Statt im Büro arbeitet der Besitzer von 30 Hektar Wald heute in der Natur. Er fällt Problembäume, fertigt Holzpflöcke an, schneidet Hecken und demontiert Seilbahnen. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, ist er als Forstunternehmer glücklich. Der Wald fasziniert ihn heute noch genauso wie als Kind. „Ich kommunziere lieber mit Bäumen als mit dem Computer.“ VN-kum
„Ich kommuniziere wesentlich lieber mit Bäumen als mit dem Computer.“
Zur Person
Heinz Spiegel
betreibt eine Christbaum-Plantage in Dornbirn. Rund 20 Weihnachtsbäume hat er derzeit noch im Angebot. Tel. 0664/9606401.
Geboren 1. Jänner 1973
Ausbildung Mechatronik-Meister
Familie verheiratet, vier Kinder
Hobby Wald, Natur
VN/Lerch