931.066 Schritte

Wetter / 06.11.2020 • 18:25 Uhr
Aurel Walch ging den langen Heimweg sehr bewusst in Stille. Walch
Aurel Walch ging den langen Heimweg sehr bewusst in Stille. Walch

Aurel Walch lief nach seinem Studium von Wien nach Schruns.

Schruns Im Laufe seines Studiums in Wien reifte in Aurel Walch der Entschluss, nach dem Studienabschluss zu Fuß nach Hause laufen zu wollen. „Ich habe Freunden und Bekannten immer wieder gesagt, dass ich nach der letzten Prüfung nach Schruns laufen werde. Als es dann am 24. September so weit war, wurde ich natürlich an mein Versprechen erinnert. Es blieb mir nichts anders übrig, als meinen Vorsatz umzusetzen“, erinnert sich der Schrunser. Der Fußweg nach Hause ist eine Erfahrung, die er nicht missen möchte: „Ich wollte Österreich auf bewusst langsame Art kennenlernen. Wenn man zu Fuß unterwegs ist, nimmt man die Umgebung ganz anders wahr als im Zug oder Auto. Ich bin durch Dörfer gelaufen und habe Wald- und Forstwege benutzt.“ Beeindruckend sei vor allem die Veränderung der Naturflächen im Zuge seiner Laufstrecke gewesen: „Bei meinem Weg von Osten nach Westen war die Veränderung der Bewirtschaftung vom Ackerbau zur Grünlandbewirtschaftung deutlich sichtbar. Auch die Wälder veränderten sich, während ich anfangs vorwiegend durch Laubwälder ging, waren es ab Tirol Nadelwälder.“

23 Tage unterwegs

Seine Eindrücke hielt der Montafoner täglich in einem grünen Tagebuch fest, in den jeweiligen, von ihm besuchten Marktgemeinden kam zudem ein Stempel hinzu. 23 Tage war er unterwegs, wobei auch die Schritte genauestens gezählt wurden: „931.066 Schritte waren es. Ich bin pro Tag im Schnitt dreißig Kilometer gelaufen. Anfangs hatte ich jeden Tag geschwollene Füße und Muskelkater. Ich bin zwar vorher immer viel gelaufen, aber nie richtige Langstrecken. Erst nach 180 Kilometern, also nach einer Woche, hat das Laufen dann richtig Spaß gemacht.“ Übernachtet habe er hauptsächlich in Klöstern: „Als Pilger wurde ich immer sehr freundlich empfangen. Ich habe etwa in Stift Göttweig und im Stift Herzogenburg übernachtet.“ Als Orientierungshilfe diente ihm bei der Planung ein Buch über den Jakobsweg. Die Ausstattung war sehr bescheiden: „Ich habe je eine kurze und lange Hose, Unterwäsche und Socken sowie ein T-Shirt und ein Hemd mitgenommen. Ganz wichtig waren mein grüner Regenmantel und mein Lodenhut, aber auch eine Daunenjacke, da das Wetter sehr durchwachsen war. Meine Waldviertler-Schuhe haben ebenfalls gute Dienste geleistet. Ich habe mir diese zu Beginn des Studiums gekauft. Sie haben mich durch die Studienzeit getragen und jetzt auch nach Hause. Nun sind sie komplett abgelaufen.“

Nach der Rückkehr steht nun der Wiedereinstieg ins Berufsleben bevor. Der gelernte Konstrukteur bezeichnet sich selbst als Tüftler: „Technik hat mich immer schon interessiert. Wenn ich eine Maschine sehe, überlege ich sogleich, wie diese verbessert werden könnte.“ Sein Studium in High Tec Manufacturing am FH Campus Wien, das Einzige dieser Art in ganz Österreich mit nur 35 Teilnehmern, war breit gefächert: „Neben Maschinenbautechnik kam auch der wirtschaftliche Aspekt nicht zu kurz. Ich gewann einen Einblick in die Metallwirtschaft. Es war durchaus von Vorteil, dass ich auf meine Grundausbildung als Konstrukteur aufbauen konnte.“

Laufen und Denken

Der Weg nach Hause bleibt für den 25-Jährigen eine tolle Erfahrung: „Es war eine permanente Auseinandersetzung mit mir selbst. Ich hatte nichts anderes zu tun als zu laufen und zu denken. So eine Erfahrung würde vielen Selbstdarstellern unserer mittlerweile eher narzisstischen Gesellschaft, die alles auf Instagram postet, guttun. Es geht um die Auseinandersetzung im Inneren und nicht mit dem Äußeren.“ BI

Zur Person

Aurel Walch

Geboren 9. Juni 1995

Wohnort Schruns

Beruflicher Werdegang Lehre als Konstrukteur (Schwerpunkt Maschinenbau), Studium High Tec Manufacturing

Hobbys Arbeiten in Natur, Land- und Forstwirtschaft, Holz drechseln und bearbeiten, Wandern, Restaurierung von landwirtschaftlichen Fahrzeugen