Postlerin und Original

Bettina Riedmann hat einen harten und gefährlichen Job.
Lustenau Bettina Riedmann (52) mag Kinder, „weil sie so ehrlich sind“. Als Teenager tat die Lustenauerin nichts lieber als Babysitten. „Ich habe auf die Kinder meiner Verwandten aufgepasst.“ Logisch, dass sie Kindergartenpädagogin werden wollte, als es darum ging, einen Beruf zu erlernen. Dass die Lustenauerin ihren Traumberuf nicht ergreifen konnte, lag an der simplen Tatsache, dass es keine guten Busverbindungen zur Ausbildungsstätte in Feldkirch gab.
Die Hasch-Absolventin fing in einer Steuerberatungskanzlei zu arbeiten an. Aber dort war sie nicht glücklich. Nach zwei Jahren sah sie sich nach einem anderen Job um. Ein Gespräch mit Briefträger Peppi besiegelte ihr weiteres berufliches Schicksal. „Peppi sagte zu mir: , Wir brauchen Leute. Magst du nicht zu uns kommen?‘“ So landete Bettina bei der Post. Damals war sie unter den Briefzustellern die einzige Frau. „Es war eine Männerdomäne. Heute hingegen ist es ein Beruf, den vor allem Frauen ausüben.“ Bevor sie eingestellt wurde, warnte sie ihr Vorgesetzter ihn spe: „Es ist ein körperlich anstrengender Beruf. Und du musst bei jedem Wetter raus, auch im Winter, bei Eis und Schnee.“
Der Mann wusste, wovon er sprach. „Es ist wirklich ein harter Job und noch dazu ein gefährlicher“, sagt Bettina, die mittlerweile schon 32 Jahre in Lustenau die Post zustellt. Ihr Revier umfasst 16 Straßen im Zentrum von Lustenau. „Meistens trage ich die Briefe und Kleinpakete mit dem Fahrrad aus.“ Sie schätzt, dass sie am Tag zirka 20 Kilometer zurücklegt und jeden Tag mehrere Kilo Post (in Kisten) mit sich führt. „Wir müssen schnell sein. Sonst schaffen wir es zeitmäßig nicht“, macht sie klar, dass sie auf ihrem Elektrofahrrad Gas geben muss.
Vor allem der Verkehr auf der Straße macht ihren Job gefährlich. „Er nahm in den vergangenen Jahren extrem zu.“ Vor 30 Jahren stieß ihr der erste Unfall zu. „Einer fuhr mich mit dem Auto nieder. Ich hatte ein Loch im Arm.“ Der zweite Unfall passierte vor 20 Jahren in ihrer Freizeit. Ihr wurde zum Verhängnis, dass ein Autofahrer eine Stopp-Tafel übersah. „Mein Rad hatte Totalschaden.“ Sie selbst kam mit Schürfwunden und einer Beule am Kopf davon. Vor drei Jahren wurde die Briefträgerin von einem Bus mehrere Meter mitgeschleift. „Ich brach mir den Arm. Seither kann ich ihn nicht mehr ausstrecken.“ Der vierte Unfall geschah im Juli dieses Jahres. „Ein Auto rammte mich.“ Bettina, die privat unterwegs war, wurde schwer verletzt und musste sich mehr als zwei Monate krankschreiben lassen.
Die lange Genesungszeit machte der ledigen und kinderlosen Frau zu schaffen. Denn: „Mir gingen meine Kunden extrem ab. Sie sind wie eine Familie für mich.“ Deshalb freute sie sich sehr, als sie Ende September wieder zur Arbeit gehen konnte.
Das „Schaffa“ ist das einzige, was sie nach dem Tod der Mutter im Mai freut. Jetzt ist Bettina, die ihre Mama zwei Jahre lang pflegte, noch lieber unter Menschen. Besonders große Freude kommt bei der Postbotin auf, wenn sie beim Kindergarten vorbeikommt. „Die Kinder winken mir von weitem zu und rennen freudestrahlend auf mich zu. Jedes möchte, dass ich die Post in seine Hände lege.“ Die strahlenden Kinderaugen lassen sie den ganzen Tag nicht mehr los.
Bettina ist gerne Briefträgerin. „Es ist ein schöner Beruf. Aber noch lieber wäre ich Kindergärtnerin,“ sagt sie und hofft, dass sie im nächsten Leben ihren Traumberuf ausüben kann. VN-kum
„Der Beruf des Briefträgers ist schön. Aber noch lieber wäre ich Kindergärtnerin.“
Zur Person
Bettina Riedmann
geht in ihrer Freizeit gern bergsteigen. Sie würde sich jemanden wünschen, der mit ihr Gipfel erklimmt.
Geboren 3. November 1968
Ausbildung Handelsschule
Familie ledig
Hobbys Radfahren, Wandern, Garten