Ein sonniges Gemüt

Karin Stöcklers Wünsche am Tag der Menschen mit Behinderung.
Bregenz Karin Stöckler hat ein erfülltes Leben: einen spannenden Job mit viel Verantwortung, einen lieben Lebenspartner, mehrere Hobbys, viel Anerkennung. Das ist im Fall der 52-jährigen Lochauerin alles andere als selbstverständlich. Weil Karin Stöckler Glasknochen hat, dadurch kleinwüchsig ist und tagtäglich mit ihrer Behinderung an Grenzen stößt.
„Ich genieße mein Leben trotzdem, weil ich ein sonniges Gemüt habe“, sagt Stöckler und lacht. Sie ist die Präsidentin der Vorarlberger Filiale der Interessenvertretung für Menschen mit Behinderung in Österreich, kurz ÖZIV genannt. Sie ist verantwortlich für drei Büros und insgesamt sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für ihre Leistungen im Dienste behinderter Menschen in Vorarlberg wurde sie bereits mit dem großen Verdienstzeichen des Landes Vorarlberg ausgezeichnet.
Schöne Schulzeit
Als Lizenz zum Ausruhen sieht Karin Stöckler diese Auszeichnung freilich nicht. Gerade am heutigen Tag der Menschen mit Behinderung äußert sie mit Überzeugung ihre Wünsche. „Die Bedürfnisse und die Anerkennung von Menschen mit Behinderung gehören noch stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft. Wir sind leider noch weit von einem Idealzustand entfernt. Der Inklusionsgedanke muss noch viel ausgeprägter Platz greifen“, betont Stöckler. Sie persönlich trägt positive Erinnerungen im Umgang mit ihrer schweren Behinderung in Kopf und Herz. „Mir ist es gut gegangen während meiner Schulzeit. Sowohl in der Volksschule als auch in der Hauptschule und später in der Handelsschule haben mich meine Klassenkameradinnen- und -kameraden wunderbar in alle Aktivitäten integriert. Sie nahmen mich mit auf die Wienwoche und hätten mich sogar auch auf die Skiwoche mitgenommen. Allein, das war mir dann ein bisschen zu riskant.“
Ihre sogenannten Glasknochen bergen ein permanent hohes Risiko. Wenn Karin Stöckler etwas bricht, kann das schlimme Folgen für sie haben. So geschehen 1996, als sie im Bad ausrutschte und sich einen Oberschenkel brach. Dieser Bruch ist nie wirklich verheilt und hat ihre Behinderung verschärft.
Trotzdem kann sie sehr vieles machen, was ihr Spaß macht. Sie kocht, sie reist gerne und sie fährt sogar Auto. „Das hat man mir nicht zugetraut. Aber ich hab‘s geschafft“, sagt Stöckler stolz.
Horror auf der Autobahn
Doch auch beim Autofahren blieb ihr ein Horrorerlebnis nicht erspart. Völlig schuldlos schoss sie ein alkoholisierter Lenker, der viel zu schnell unterwegs war, auf der Rheintalautobahn ab. „Es ist wie ein Wunder, dass mir außer einem Schleudertrauma nicht mehr passiert ist. Ich hätte tot sein können.“
Karin Stöckler meistert ihr Leben in bewundernswerter Manier. Dazu gehört auch eine sorgfältige Planung von allem, was sie so vor hat. „Wenn ich irgendwo hingehe, muss ich mir vorher schon genau überlegen, ob und wie ich dahin komme, welche Hindernisse auf mich warten könnten und wie ich diese überwinden kann.“ Ihrem Tatendrang tut das freilich keinen Abbruch. „Mein Lebenspartner, mit dem ich seit 30 Jahren zusammen bin, ist eher der Stubenhocker, während ich sehr gerne sehr viel unternehme“, schmunzelt die 52-Jährige.
Natürlich gibt es da auch Dinge, die sie gerne tun würde, aber aufgrund ihrer Behinderung nicht tun kann. „Ich würde gerne einmal Fallschirmspringen, nach Mauritius reisen oder im Zeppelin fliegen“, fallen Stöckler spontan ein paar solcher Wünsche ein. Richtig bedrückend findet sie diese unerfüllten Träume nicht. Ihr Leben ist ja sonst voll mit Schönem. VN-HK
Zur Person
Karin Stöckler
Die 52-jährige Lochauerin ist seit 2009 Präsidentin der Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen in Vorarlberg
Geboren 17. April 1968
Beruf Geschäftsführerin
Familie Lebt in Partnerschaft
Wohnhaft Lochau
Hobbys Reisen, Freundschaften pflegen
Lieblingsspeise Wiener Schnitzel mit Pommes Frittes