Ozeane sind weiterhin Endlager für Atommüll

Wissen / 31.05.2013 • 13:15 Uhr
Ein Endlager für Atommüll existiert bis heute nicht. Die Atomkraftwerke laufen indes weiter. Foto: dpa
Ein Endlager für Atommüll existiert bis heute nicht. Die Atomkraftwerke laufen indes weiter. Foto: dpa

Jahrhundertelang tödliches Erbe durch radioaktives Meerwasser – und kein Ende.

Schwarzach. Die Ozeane lassen den Planeten aus dem Universum blau erscheinen, immerhin sind drei Viertel der Erde mit Meeren bedeckt. Sie prägen das tägliche Leben der Menschen, weil mehr als die Hälfte des weltweit verfügbaren Sauerstoffs von einzelligen Algen produziert wird: „Jeder zweite Atemzug stammt also aus dem Meer“, weiß die internationale Umweltschutzorganisation Greenpeace. Es hat gar nicht lange gebraucht, um das Gleichgewicht zu zerstören. Neben ölverseuchten Stränden, abgestorbenen Korallenriffen und Überfischung sorgt vor allem die „Endlagerung“ von Atommüll für heute noch nicht absehbare Folgen.

Viele Länder „nutzen“ die Meere als praktische Becken für radioaktiven Müll: Zwischen 1946 und 1992 landeten rund 53 Prozent des versenkten nuklearen Abfalls im Atlantik, 45 Prozent in arktischen Gewässern. Weltweit waren 70 bis 80 Gebiete betroffen. Die im „kalten Krieg“ zwischen den USA und der Sowjetunion im Meer versunkenen, mit Atomraketen bestückten U-Boote sind dabei nicht berücksichtigt. Früher wurden die Versenkungsgebiete regelmäßig untersucht und Meeresboden, Wasser und Fische auf Radioaktivität kontrolliert. Tatsächlich fanden Forscher dabei Radionuklide, die darauf hindeuten, dass Fässer leckgeschlagen sind. Doch dann stellten die Regierungen die Untersuchungen in der Umgebung der sogenannten „Deponien“ einfach ein. In der Tat rinnen die Fässer aus. Archivaufnahmen und Dokumente von Greenpeace-Aktionen zeigen, wie sorglos und unverantwortlich bei der „Entsorgung“ auf See mit Atommüll umgegangen wurde. Heute wäre sie illegal und kriminell.

Es geschieht Tag für Tag weiter

Seit 1995 ist es zwar weltweit verboten, Atommüll von Schiffen aus ins Meer zu werfen. Es ist aber immer noch erlaubt, radioaktives Abwasser von Land aus einzuleiten. Und genau das geschieht jeden Tag. Wiederaufarbeitungsanlagen, wie in Europa La Hague in Frankreich und Sellafield in Großbritannien, pumpen flüssigen Atommüll in die Irische See und in den Ärmelkanal. Heute sind die mehr als 100.000 Tonnen radioaktiver Abfälle, die auf dem Meeresgrund vor Europa liegen, längst vergessen. Aber es geschieht jeden Tag.

Das strahlende Kühlwasser aus Fukushima wird sich in Meereslebewesen wiederfinden. Dass es über die Langzeitfolgen der atomaren Meeresverschmutzung kaum Informationen gibt, ist kein Zufall: Die wahre Faktenlage wird geleugnet, heruntergespielt oder verheimlicht. Die Verantwortlichen beschönigen seit Jahren das wahre Ausmaß der Gefahren, die von dem versenkten und vergessenen Atommüll im Meer ausgehen.

Kürzlich berichtete das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ über das Schlamassel. Es beruft sich dabei auf die Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks, der 15 Regierungen inklusive Europäische Union angehören. Eine Analyse förderte erhöhte Konzentrationen von Plutonium 238 in Wasserproben aus den Versenkungsgebieten zutage.

Tödliches Plutonium

Für den Menschen ist die Strahlung von einigen Millionstel Gramm Plutonium im Körper tödlich. Es ist eben bequemer, den Atommüll in den Ozeanen zu entsorgen, als sich bei der Endlagersuche jahrzehntelang mit besorgten Bürgern herumzuschlagen.

Bis heute existiert noch kein derartiges Lager, während die Atomkraftwerke – Energiewende hin oder her – und die Atomwaffenproduktion weiterlaufen.