Hälfte der Wiesenfalter in Europa verschwunden

Wissen / 26.07.2013 • 13:47 Uhr
Das Tagpfauenauge gehört zur Familie der Edelfalter. Foto: dpa
Das Tagpfauenauge gehört zur Familie der Edelfalter. Foto: dpa

Alarm: In den letzten 20 Jahren ist in Europa jede zweite Schmetterlingsart verschwunden.

KOPENHAGEN, dornbirn. Von einem besorgniserregenden Rückgang der Wiesenschmetterlinge in Europa berichtet die Europäische Umweltagentur. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Halle, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben, stellten fest, dass zwischen 1990 und 2011 von 17 beobachteten Arten acht zurückgegangen sind. Lediglich bei zwei Arten seien die Populationen stabil geblieben, nur eine habe zugenommen.

Untersucht wurde unter anderem der Hauhechel-Bläuling. Der Bestand dieser Falterart, die sich am wohlsten auf blütenreichen, wenig gedüngten Glatthaferwiesen und an Böschungen fühlt, ist deutlich zurückgegangen.

Unsicher ist die Entwicklung beim Mattscheckigen Braun-Dickkopffalter. Er ist an heißen und trockenen, blütenreichen und grasbewachsenen Orten zu Hause. Zu den stabilen Arten zählen die Wissenschafter hingegen den Aurorafalter, der sich bevorzugt auf mageren und trockenen Wiesenbereichen, auch auf Feuchtwiesen, sowie in lichten und feuchten Wäldern aufhält.

Empfindlich auf Pestizide

Zu den Hauptursachen des Schmetterlingsschwunds zählt die Intensivierung der Landwirtschaft. Diese führt nach Einschätzung der Umweltagentur zu einheitlichen Grünflächen, die nahezu steril für die Artenvielfalt seien. Dazu komme, dass Schmetterlinge sehr empfindlich auf Pestizide reagieren. Das hat verheerende Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht. 83 Prozent der Pflanzen sind von der Bestäubung durch die Bienen abhängig. Verschwinden die Bienen, verschwinden auch die Blüten in der Natur. Und so wachsen keine Gemüse und Früchte mehr, und wichtige Grundnahrungsmittel für Mensch und Tier gehen verloren.

Vorarlberg auch betroffen

„Der dramatische Rückgang an Grünlandschmetterlingen sollte die Alarmglocken läuten lassen“, warnt der Direktor der Europäischen Umwelt-agentur, Hans Bruyninckx. „Wenn wir es nicht schaffen, deren Lebensräume zu erhalten, könnten wir viele dieser Arten für immer verlieren.“

Diese Entwicklung der Landwirtschaft habe auch in Vorarlberg zum Schmetterlingsschwund beigetragen, informiert der Biologe Klaus Zimmermann, der als Berater an der inatura beschäftigt ist. „Allerdings nicht in der Dimension wie im Osten Österreichs, wo riesige Agrarflächen bewirtschaftet werden.“ In der Folge werden empfindliche Pflanzen vernichtet, die Schmetterlinge finden keine Nahrung und bleiben fern. „Schmetterlinge sind stark an einzelne Pflanzenarten gebunden“, erklärt er. Zum Beispiel steht das Tagpfauenauge auf Brennnessel, die Schwalbenschwänze ziehen Doldenblütler wie Kümmel, Dill oder wilde Möhre vor.

Ein anderes großes Problem sind die Düngemaßnahmen. „Der deutsche Enzian verschwindet auf einer Wiese, die kunstgedüngt wird, für 50 Jahre“, nennt der Biologe ein Beispiel.

Die Population der Schmetterlinge ist auch vom Kleinklima abhängig. Empfindlich ist diese filigrane Tierart gegen Kälte. Die Falter lassen sich beispielsweise durch häufige Stürme vertreiben, „weil diese kalte Luft produzieren, wodurch die Temperaturen auf den Wiesen fallen.“

Was ist zu tun?

Zimmermann appelliert an die Bauern, mit dem Einsatz von Pestiziden sparsam umzugehen, Säume und Hecken als ökologische Streifen stehen zu lassen, vor allem aber die Wiesen weniger oft und zum richtigen Zeitpunkt zu mähen. „Erst dann, wenn sie verblüht sind.“ Das sei ein Beitrag zur Artenvielfalt und schütze das ökologische System. „Davon profitieren nicht nur die Schmetterlinge, sondern auch andere Insekten.“

Auch der Hobbygärtner könne einen Beitrag leisten, dem Schwund der Schmetterlinge entgegenzuwirken. „Den Rasen ein bis zwei Mal pro Jahr mähen genügt. Muss man denn Wiesen in sterile Graswüsten transformieren?“ Zimmermann rät zudem, Heckenpflanzen mit heimischem Gehölz zu ziehen – und möglichst viele Blumenarten zulassen. „Je mehr blüht, umso mehr Schmetterlinge flattern im Garten.“

Fakten

» Es gibt über 160.000 verschiedene Arten von Schmetterlingen.

» Der Nachteulenfalter mit einer Flügelspannweite von 30 Zentimetern ist der größte.

» Der kleinste ist 2 x 2 mm groß.

» Fliegen kann der Schmetterling zwei Stunden, nachdem er den Kokon verlassen hat.

» Die Lebensdauer beträgt von wenigen Tagen bis zu elf Monaten.