Widerstand gegen die Zeitumstellung wächst

Die „Winterzeit“ naht. Immer mehr EU-Bürger fordern die Abschaffung der „Sommerzeit“.
SCHWARZACH. Zweimal im Jahr wird in Österreich die Zeit umgestellt. Das nächste Mal geschieht das in 21 Tagen. In der Nacht zum 27. Oktober werden die Uhren nach 2.59 Uhr auf 2.00 Uhr zurückgestellt. Dann endet die „Sommerzeit“, und die „Winterzeit“ – die eigentlich „biologisch richtige Zeit“ für Mensch, Tier und auch Pflanzen – beginnt.
Eingeführt wurde die Zeitumstellung in Europa im März 1973 anlässlich der Ölkrise, um Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht gewonnen werden.
Verwaltungstechnische Probleme waren die Ursache, weshalb Österreich die Zeit erst 1979 umzustellen begann. Man wollte eine verkehrstechnische Harmonisierung mit der Schweiz und Deutschland, die allerdings erst seit 1980 ihre Uhren vor- beziehungsweise nachstellen. Die Rechnung ist jedoch nicht aufgegangen. Bis heute gibt es keine messbaren Energieeinsparungen.
„Dunkle Jahreszeit“ beginnt
So mancher freut sich, in der Nacht der Zeitumstellung eine Stunde länger schlafen zu können. Doch für die Nacht- und Schichtarbeiter heißt das, eine Stunde mehr arbeiten zu müssen. Des Weiteren gerät bei vielen Menschen die „innere Uhr“ durcheinander. Die Folgen sind oftmals Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, depressive Verstimmungen. Letzteres deshalb, weil mit der Zeitumstellung die „dunkle Jahreszeit“ beginnt und es somit schon früh am Nachmittag dämmert.
Weil das dem Organismus schaden kann, wächst der Widerstand gegen die Zeitumstellung. Sogar EU-weite Petitionen wurden in Umlauf gebracht. Im November letzten Jahres hat der grüne Aktivist Martin Gstöttner die parlamentarische Bürgerinitiative „Schluss gegen die Zeitumstellung“ ins Leben gerufen, in der er auf gesundheitliche Belastungen – „speziell für Kinder, Nacht- und Schichtarbeiter, Ältere sowie chronisch Kranke“ hinwies. Der Oberösterreicher fordert „die europaweite Abschaffung der Zeitumstellung und Abhaltung eines EU-Referendums darüber, ob die bisherige Normalzeit oder die bisherige Sommerzeit als neue, durchgängige Normalzeit festgelegt werden soll“.
Seine Petition mit den 3000 Unterschriften landete jedoch in der Schublade. Seitens des Gesundheitsministeriums hieß es, gesicherte Belege für Gesundheitsgefährdung gebe es keine.
EU-Vereinbarung nur bis 2015
Die Vorarlberger Grüne Katharina Wiesflecker denkt da anders: Sie tendiert zur Beibehaltung der Umstellung. „Ich mag es nicht, wenn Kinder im Winter im Dunkeln zur Schule gehen müssen“, sagt sie. Im Frühjahr freue sie sich, wenn durch die Umstellung die Tage und lauen Abende länger werden.
Die EU-Vereinbarung der Zeitumstellung soll übrigens 2015 auslaufen. Vielleicht für immer?
Russen wollen Winterzeit
In Russland gibt es keine Zeitumstellung mehr. Sie wurde vom ehemaligen Kremlchef Dmitri Medwedew 2011 abgeschafft. Seitdem gilt das ganze Jahr die Sommerzeit.
Nun droht dem „ewigen russischen Sommer“ wieder das Aus. Denn massenweise fordern Bürger die Staatsduma auf, die Winterzeit wieder einzuführen. „Mit Schrecken warten viele Menschen auf den Wintereinbruch“, sagt Sergej Kalaschnikow, Abgeordneter der Duma, der den Gesetzentwurf in der Duma eingebracht hat. Denn Ende Oktober, wenn im Westen die Uhren zurückgedreht wurden, drohen in Russland wieder die typischen langen dunklen Morgen.
Um die Wintersonnenwende sieht man vielerorts überhaupt kein Tageslicht. In Moskau, zum Beispiel, bricht die Sonne erst gegen 9.30 Uhr langsam durch, und lange vor sechs Uhr abends Uhr ist sie bereits wieder verschwunden. Und das schlägt den Russen aufs Gemüt. Ärzte berichten von einer steigenden Zahl von Selbstmorden wegen Depressionen.
Auch das Internationale Olympische Komitee fordert die Rückkehr zur Winterzeit. Die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sollen zur Hauptsendezeit über die Bildschirme in Westeuropa flackern. Gut möglich, dass in Russland schon Ende dieses Monats wieder an der Uhr gedreht wird.