Bisphenol A kann Zähne von Kindern schädigen

Wissen / 06.12.2013 • 18:46 Uhr
In Österreich ist es seit Oktober 2011 verboten, Baby-Schnuller mit Bisphenol A zu produzieren.. Foto: fotolia
In Österreich ist es seit Oktober 2011 verboten, Baby-Schnuller mit Bisphenol A zu produzieren.. Foto: fotolia

Forscher haben neue Schadwirkung der hormonähnlich wirkenden Chemikalie entdeckt.

schwarzach. In der Luft, in Staub, in Oberflächengewässern, im Meerwasser, in nahezu allen Kunststoffen, aber auch im menschlichen Körper ist Bisphenol A (BPA) nachgewiesen worden. BPA ist eine hormonell wirksame Chemikalie, die ähnlich wie das weibliche Hormon Östrogen wirkt und als Hilfsstoff bei der Synthese und als Antioxidans in Weichmachern dient. Die Chemikalie beeinflusst das Hormonsystem von Menschen sowie Tieren und gilt als Ursache von Entwicklungsstörungen, neurologischen Schäden, einem schwachen Immunsystem, erhöhtem Krebsrisiko, Verhaltensauffälligkeiten, Unfruchtbarkeit bei Männern, Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Problemen.

Eine vor einem Jahr durchgeführte Studie der Universitätsklinik Bonn ergab, dass BPA Enzyme und Transportproteine in ihrer Funktion beeinträchtigen. Durch Experimente an Gewebeproben von Mäusen und Menschen wurde festgestellt, dass BPA für die Zellfunktion wichtige Calcium-Kanäle in der Zellmembran reversibel blockiert.

Brüchiger Schmelz

Nun ist eine neue Erkenntnis bekannt geworden: Forscher der Universität Paris-Decartes berichteten, es sei möglich, dass BPA die richtige Entwicklung von Zahnschmelz bei Kindern verhindert und Molar-Incisor-Hypominerlisation (MIH) auslösen kann. Bei dieser Störung treten an Schneide- und Backenzähnen Flecken auf, der Zahnschmelz wird brüchig, die Zähne werden schmerzempfindlich und kariesanfällig. Den Forschern zufolge sind je nach Geburtsjahr drei bis 20 Prozent aller Kinder betroffen. Besonders anfällig für die Effekte von BPA seien Kinder in den ersten Lebensmonaten, wenn sich der Zahnschmelz zu bilden beginnt.

Die Forscher hatten Ratten vor und kurz nach der Geburt BPA ausgesetzt und weiße Flecken sowie brüchige Kanten auf den Zähnen der Tiere entdeckt. Die Schäden glichen denen bei Menschen: Die Zähne hatten zu wenig Mineralien, dafür zu viel organische Substanz. Durch weitere Tests lernten die Wissenschafter das Problem genauer zu verstehen: Bildet sich der Zahnschmelz, wird zuerst eine Art Proteingerüst aufgebaut. Darauf lagern sich später die Mineralien ab. Ist dies erfolgt, werden die Eiweiße wieder abgebaut, damit sich der Zahnschmelz bilden und festigen kann. Dieser Prozess scheint durch das BPA gestört zu werden, indem es zuviele Proteine im ersten Stadium bilden lässt und das Abbausystem behindert. Auf diese Weise können die Proteine nicht sorgfältig genug entfernt werden und stören die Kristallisation. In der Folge wird der Zahnschmelz weich und brüchig.

Wie genau allerdings BPA in die Regelkreise bei der Zahnschmelzbildung eingreift und auf welche Weise es die entsprechenden Gene beeinflusst, müsse laut den Forschern als Nächstes getestet werden.

Kein EU-weites Verbot

Trotz seiner Gefährlichkeit wird BPA nicht EU-weit verboten. Warum das ist, informiert die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 auf ihrer Homepage: „Die Meinung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und anderen Behörden, die kein Risiko durch Bisphenol A sehen, lautet: Ein Verbot von BPA würde unweigerlich dazu führen, dass die Hersteller von Verpackungen und Bedarfsgegenständen (Produkte für den Lebensmittelkontakt) auf andere Stoffe ausweichen müssten, deren Toxizität weniger gut bekannt ist. Das würde bedeuten, dass ein gut charakterisiertes Risiko durch ein deutlich schlechter einschätzbares Risiko ersetzt würde.“

In Österreich ist übrigens die Produktion von Schnullern mit BPA verboten.

Bisphenol A (BPA)

» BPA ist eine in großen Mengen produzierte Basischemikalie.

» BPA dient vor allem als Ausgangsstoff zur Synthese polymerer Kunststoffe auf der Basis von Polyestern, Polysulfonen, Polyetherketonen, Polycarbonaten und Epoxidharzen.

» BPA wird auch als Antioxidans in Weichmachern und zum Verhindern der Polymerisation in Polyvinylchlorid (PVC) verwendet.