Sadisten und Mörder

Österreichische Mediziner und ihre Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus.
schwarzach. Er spritzte Phenol, Benzin oder andere Gifte mitten ins Herz. Er schnitt Häftlingen bei lebendigem Leib den Bauch auf und entfernte Gedärme, Leber und Milz. Einem Häftling entnahm er Hautstücke aus Rücken und Brust und ließ daraus einen Lampenschirm für den Lagerkommandanten fertigen. Einem Mann entfernte er „zu Übungszwecken“ die Hoden und schälte eine Niere heraus. Aribert Heim galt als einer der grausamsten NS-Ärzte.
Der 1914 geborene Steirer war Mitglied der Waffen-SS und zwischen 1940 und 1942 Lagerarzt in den KZ Sachsenhausen, Buchenwald und Mauthausen. In dieser Zeit hat er Hunderte von Häftlingen getötet. Heim wurde nach Kriegsende von den US-Amerikanern verhaftet, aber nach zweieinhalb Jahren wieder freigelassen, weil er „dem amerikanischen Geheimdienst von Nutzen“ war. Viele Jahre lebte er als Frauenarzt in Deutschland. 1962 wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen, worauf er untertauchte. Angeblich starb er 1992 in Kairo.
Begusch, Gross und andere
Der Psychiater und der SS-Sturmbannführer Oskar Begusch, geboren 1897, war maßgeblich an der Aktion T4 beteiligt – eine nach Kriegsende gebräuchliche Bezeichnung für die systematische Ermordung von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen zwischen 1940 und 1941. Unter seiner Leitung ab 1939 wurde die Landes-Irrenanstalt Feldhof bei Graz zu einem Zentrum für eugenische Maßnahmen. Begusch starb 1944 an einer Blinddarm-Operation.
Ebenfalls an der Aktion T4 beteiligt war der Psychiater und SS-Obersturmführer Hans Bertha (1901–1964). Der Steirer stellte die Gutachten für jene Pflegeanstaltspatienten aus, deren Leben in der NS-Tötungsanstalt Hartheim beendet wurden. Bertha wurde für seine Beteiligung am NS-Genozid nie verurteilt. Er starb durch einen Unfall.
Mit Heinrich Gross starb 2005 einer der am längsten überlebenden NS-Ärzte Österreichs. 1915 geboren, trat Gross 1938 der NSDAP bei. 1944 beteiligte er sich in der Wiener „Euthanasie“-Klinik „Am Spiegelgrund“ massiv an der Ermordung von behinderten Kindern. Dafür wurde er trotz zweier Anklagen strafrechtlich nie belangt. 1981 strebte Gross beim Oberlandesgericht Wien einen Verleumdungsprozess an, bei dem seine persönliche Beteiligung an der Kinder-„Euthanasie“ als gegeben angesehen wurde.
Die Klinik „Am Spiegelgrund“ wurde ab 1940 von Erwin Jekelius geführt. Mindestens 789 behinderte und/oder verhaltensauffällige Kinder hat er in seiner Funktion als ärztlicher Direktor selbst durch Verabreichung von Schlafmitteln, durch Mangelernährung oder Unterkühlung umgebracht. Jekelius starb 1952 im Alter von 47 Jahren in einem sowjetischen Arbeitslager.
Auch Vorarlberger machten sich einen Namen als NS-Mediziner. Der 1910 geborene Bregenzer Irmfried Eberl war im Rahmen der Aktion T4 von 1940 bis 1942 medizinischer Leiter der Tötungsanstalten Brandenburg, Bernburg und Treblinka. Das NSDAP-Mitglied nahm, soweit anwesend, die Vergasungen eigenhändig vor. Nach dem Krieg ließ sich Eberl als Arzt im schwäbischen Blaubeuren nieder. Im Sommer 1947 wurde die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart durch die amerikanischen Militärbehörden auf ihn aufmerksam. Eberl kam am 8. Jänner 1948 in Untersuchungshaft. Er erhängte sich am 16. Februar in seiner Gefängniszelle.
„Sturmarzt“ in der Valduna
Dann gab es noch den Feldkircher Psychiater und Neurologen Josef Vonbun, der 1940 als „Sturmarzt“ der SA begann, in der Valduna (heute LKH Rankweil) Patienten zu selektieren, die in der Vergasungsanstalt Hartheim getötet wurden. Zudem setzte er Insassen von Vorarlberger Armenhäusern auf Selektionslisten. Vonbun hatte zugegeben, dass er über die Details der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ eingeweiht war. In späteren Prozessen behauptete er allerdings, massiv bedroht worden zu sein. Zeugen sagten indes aus, Vonbun habe mehrmals seine weitergehende Mitarbeit bei der T4-Aktion angeboten. Für seine Taten wurde Vonbun nie belangt, weil er die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Wann und wo er starb, ist nicht bekannt.
Von der noch viel längeren Liste der NS-Ärzte ist heute keiner mehr am Leben. Vergessen darf man sie aber nie.