Kernkraftwerk bleibt weiter abgeschaltet

gewährleistet, heißt es im Gerichtsurteil. FOTO: EPA
Japanisches Gericht unterbindet geplantes Wiederanfahren von zwei Atommeilern.
tokio. (VN-hrj) Der Atombetreiber Kansai Electric Power darf zwei zu Sicherheitsüberprüfungen abgeschaltete Reaktoren im Atomkraftwerk Takahama vorerst nicht hochfahren. Das entschied das Bezirksgericht der Provinz Fukui Anfang der Woche in einer einstweiligen Verfügung.
In Folge der Atomkatastrophe in Fukushima vor vier Jahren wurden alle 48 Reaktoren in Japan abgeschaltet. Doch die Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Tokio will die ersten Meiler im Land schnell wieder in Betrieb gehen lassen.
„Unmittelbare Gefahr“
Die beiden Reaktoren in Takahama hatten erst im Februar die neuen, verschärften Sicherheitsauflagen erfüllt. Während die Regierung die Auflagen als „die strengsten der Welt“ bezeichnet, wurden sie vom Gericht dagegen als „zu locker“ bewertet. Die Sicherheit der Reaktoren sei keineswegs gewährleistet. Das Erdbebenrisiko werde nicht überzeugend eingeschätzt und ein Wiederanfahren stelle eine „unmittelbare Gefahr“ für die Anwohner dar.
Takahama ist kein Einzelfall. Die staatliche Atomaufsichtsbehörde NRA hat insgesamt bereits vier Reaktoren in Japan grünes Licht gegeben. Doch Umfrageergebnissen zufolge lehnt die Mehrheit der Bevölkerung ein Wiederanfahren der Reaktoren ab.
Das Gerichtsurteil in Fukui sei ein „wichtiges Signal, dass die Pro-Atom-Agenda der Regierung und Betreiber blockiert werden kann“, sagte Hisayo Takada von Greenpeace Japan. Die Entscheidung lege das Versagen der NRA offen, deren Rolle es eigentlich seit, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.
Die Regierung zeigt sich indes unbeeindruckt. Ein Sprecher stellte klar, die Entscheidung des Gerichts habe keine Auswirkungen auf die Haltung der Regierung. Und Kansai Electric kündigte sofortigen Einspruch gegen die Verfügung des Gerichts an. Der Konzern wollte die Reaktoren 3 und 4 im November hochfahren. Das dürfte sich jetzt zumindest verzögern.
„Wunderbarer Tag“
„Was für eine Fügung!“, freut sich Hildegard Breiner (78). „Am 14. April mailte ich Aileen Mioko Smith, einer japanischen Umwelt-Juristin, die ebenfalls Trägerin des International Nuclear Free Future Awards ist. In ihrer Antwort erfuhr ich, was für ein ‚wunderbarer, Geschichte schreibender Tag des gerichtlichen Sieges‘ das in Japan geworden sei“, teilt die Obfrau vom Narturschutzbund Vorarlberg und Russ-Preis-Trägerin mit. Mit der gerichtlichen Verfügung gegen die Wiederinbetriebnahme der beiden Blöcke des AKW Takalama hätten zum ersten Mal überhaupt Bürger vor Gericht gegen Atomkraftwerksbetreiber gewonnen.
Breiner weist auch darauf hin, dass es an „diesem außergewöhnlichen Tag zudem einen totalen Misserfolg bei der Erkundung des Inneren des Reaktors 1 von Fukushima Daiiji durch einen Roboter“ gegeben habe. „In der extremen Strahlung, bei der Menschen innerhalb einer Stunde sterben würden, blieb der Roboter schon nach wenigen Stunden stecken.“
Zweiter Roboter im Einsatz
Der Betreiberkonzern Tepco hat mittlerweile den zweiten Roboter in das Innere der AKW-Ruine geschickt – mit dem Ziel, Wege zu finden, die bei der Katastrophe vor vier Jahren geschmolzenen Brennstäbe zu bergen. Wegen der weiterhin tödlich hohen Strahlung können keine Menschen ins Innere der Unglücksreaktoren.
Der erste Roboter hatte zuvor Bilder aus dem tiefsten Inneren des Reaktors 1 geliefert. Anhand der Aufnahmen fand Tepco heraus, dass es nahe einer Öffnung zum Tiefgeschoss keine größeren Hindernisse gibt.
Außerdem konnte mit den vom Roboter gesammelten Daten bestätigt werden, dass das ferngesteuerte Gerät der extrem hohen Radioaktivität bis zu drei Tage widerstehen kann.
Allerdings war er auf halbem Wege steckengeblieben. Der zweite Roboter soll nicht nur die Strahlung messen, sondern auch die Trümmerteile am Boden untersuchen.
Zum ersten Mal haben Bürger vor Gericht gegen Atomkraftwerksbetreiber gewonnen.
Hildegard Breiner