Und ewig rauscht der Zapfhahn

Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht?
Schwarzach Gegenwärtig ist Elektroantrieb der Autos auf dem Vormarsch. Reichweiten, die vor ein paar Jahren noch Gelächter hervorgerufen hätten, werden heute als „durchaus akzeptabel“ bezeichnet. Muss man unbedingt mit dem Auto von Dornbirn nach Wien fahren? Nein, muss man nicht. Oder man kauft sich einen sündteuren E-Wagen aus Amerika, da müsste man dann eh nur einmal nachladen, etwa in Linz . . .
Doch alle Entscheidungsträger der Industrie sind offenbar noch nicht vom Batterieauto überzeugt. Ein Motor ist seit über hundert Jahren eine Kraftmaschine, in die etwas Flüssiges eingefüllt wird, das gehört zur DNA dieser Leute. Zahlreiuch e Konzepte versprechen, das Ziel Klimaschutz und das Ziel flüssiger Treibstoff zu erreichen. Zum Beispiel Gtl und Btl. Gas to liquid und Biomass to liquid. Gas meint hier natürlich Biogas (keine fossilen Ausgangsstoffe!). Bei der Biomasse kann man sich buchstäblich alles vorstellen, was irgendwo wächst oder von Tieren ausgeschieden wird. Der erste Schritt besteht immer in einer Umwandlung zu Synthesegas, das so heißt, weil es zur Herstellung künstlicher Produkte dient.
Biogas (Methan) wird mit Wasserdampf zu einem Gemisch von Kohlenmonoxid und Wasserstoff umgewandelt, dazu muss allerdings ein Teil des Biogases zur Energielieferung verbrannt werden. Ähnlich werden Feststoffe, Abfälle aller Art, in Synthesegas umgewandelt. Noch „eleganter“ ist Ptl, das heißt power-to-liquid. Treibstoff mit Hilfe von Strom aus regenerativen Quellen (Wind, Sonne, Wasserkraft). Damit erzeugt man Wasserstoff durch Wasserelektrolyse, der Wasserstoff wird mit Kohlendioxid wieder zum genannten Synthesegas umgesetzt. Moment: Kohlendioxid? Wo nehmen die das her? – Aus der Luft. Die enthält 0,04 Prozent CO2, fürs Klima ist das unangenehm hoch, für die Gewinnung unangenehm niedrig – man schlägt deshalb Abgase von Braunkohlekraftwerken als Kohlendioxidquelle vor.
Dieses Kraftwerk verbrennt also Braunkohle zur Stromerzeugung, das CO2 wird aufgefangen, mit Wasserstoff, der mit Windstrom aus Wasser erzeugt wird, zu Synthesegas und Benzin umgesetzt. Das wird im Auto verbrannt und in die Luft entlassen. Der Kohlenstoff ist der aus der Braunkohle, er wird nur zweimal genutzt. Eine Reduktion des Treibhausgases ist damit nicht verbunden, im Gegenteil: all die vielen Teilprozesse laufen natürlich nicht mit 100%, es entstehen massive Verluste.
Das Beispiel zeigt die Skurrilität der Debatte. Sie erinnert an die Vorschläge aus den siebziger Jahren im Verlauf der Ölkrisen. Auch damals gab es ein Sammelsurium phantasievoller technischer Vorschläge, wie man dem geliebten Auto seine bevorzugte Flüssignahrung erhalten könnte – geworden ist nichts daraus. – Man wird sich vermutlich doch an die Ladepause in Linz gewöhnen müssen – oder man nimmt – horribile dictu! – halt doch den Zug . . .