Der Platz der KI im Lokaljournalismus

Journalismus lebt vom Kontakt mit den Menschen. Welche Rolle KI dabei einnehmen kann und welche Regeln sie befolgen muss.
Schwarzach “Österreichs Journalist:in”, ein Fachmagazin für die selbst ernannte vierte Gewalt der Alpenrepublik, widmete sich dieses Jahr verstärkt der Rolle von künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus. Was wird die neue Technologie können, welche Arbeitsschritte wird sie übernehmen, was wird den Journalistinnen und Journalisten abverlangt. Doch was wird nun den Journalisten von morgen bleiben, und ist es ein “Übrig-Bleiben”? Die Prognosen sind weitreichend, die Praktiker sind verhaltener angesichts des Status quo.
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Kaum ein größeres Unternehmen, das sich und seine Mitarbeiter nicht fragt, inwiefern die Intelligenz aus der Büchse sie effizienter, besser, kostengünstiger werden lassen kann. Kritiker verweisen gern auf die noch bestehenden und unleugbaren Schwächen der Systeme, weshalb sie unmöglich Menschen ersetzen können. Die Befürworter erinnern an technische Revolutionen wie den PC und das Internet, die die Arbeitsweise an sich verändert haben und eher andere Personas verlangt haben als grundsätzlich Menschen überflüssig machten. Dies zeigt vor allem eines: Die Auswirkungen der KI auf den Journalismus sind wie auf viele andere Berufsfelder für viele noch nicht absehbar oder gar greifbar.
Werkzeuge mit journalistischem Denken
Mit der Zukunft von KI im Lokaljournalismus beschäftigt sich Bartosz Wilczek von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). “Die KI stiftet dort Nutzen, wo sie die präzise Analyse großer Datenmengen ermöglicht und wo sie Routinetätigkeiten abnimmt”, ist er überzeugt.

Dies reicht von der Themenfindung und Recherche über Produktionsabläufe bis zur Distribution der Inhalte. Dabei brauche es journalistische Standards, wie sie etwa von Reporter ohne Grenzen in der Pariser Charta definiert wurden. Entsprechend müssen Journalistinnen und Journalisten in die Entwicklung dieser Werkzeuge involviert werden. “Das fängt bereits bei der Identifizierung von Anwendungsbereichen an, geht dann aber weiter mit der Definition von Anforderungen an die KI-Tools und dem Testen dieser”, erläutert Wilczek. In einem Forschungsprojekt der LMU sollen Prototypen für genau solche Werkzeuge entwickelt werden. Jüngst wurde so gemeinsam mit einer Nachrichtenorganisation ein Prototyp für Faktenkontrolle geschaffen. “Für die Entwicklung verantwortungsvoller KI-Tools im Journalismus gibt es bisher keine etablierten Innovationsprozesse. Das zweite Ziel unseres Projekts besteht also darin, solche zu entwickeln.”
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Sollte dies gelingen, könnte ein verantwortungsvoller Einsatz der KI bei der Erzeugung von attraktivem Lokaljournalismus helfen. Und Journalismus, der den Lesern zusagt, hat bessere Überlebenschancen. Die Gefahren sind groß, warnt der Forscher: “Wir sehen, dass in Europa zunehmend sogenannte Nachrichtenwüsten entstehen – also Regionen, in welchen keine lokalen Nachrichten mehr bereitgestellt werden. Das hat Konsequenzen für lokale Gemeinschaften und demokratische Prozesse.”
Erste Gehversuche mit KI
Katharina Schell, stellvertretende APA-Chefredakteurin und prononcierte Expertin für KI, sah am Rande des 15. europäischen Mediengipfels in Lech noch keine geeigneten Sprachmodelle für die journalistische Arbeit. “Ich glaube aber, es wird Modelle geben, die dafür geeignet sind”, sagte Schell. Sie sieht ebenfalls wie Wilczek ihre Hauptaufgabe darin, Journalisten für deren Kernaufgaben freizuspielen.

“KI kann bei uns dazu verwendet werden, sich bessere Titelvorschläge geben zu lassen”, erklärte VN-Chefredakteur Gerold Riedmann dazu auf einer Podiumsdiskussion zur Zukunft des klassischen Journalismus. KI-Funktionen sind bei den VN bereits im Redaktionssystem verankert, um Texte einfacher kürzen oder Vorschläge für Zusammenfassungen erstellen zu können. Auch könne die KI helfen, als Ideengeber zu mehr Vielfalt in den Ansätzen zu dienen. Ein vorsichtiges Fazit der Zukunftsaussicht: Die Künstliche Intelligenz wird uns alle unterstützen, aber nicht ersetzen können.