Hurra die Gans!

Wohin / 08.11.2012 • 12:08 Uhr

Vom umfangreichen Werk des Berliner Schriftstellers Adolf Glasbrenner ist nur ein einziger Satz volkstümlich geworden: „Eene jut jebratene Jans is ne jute Jabe Jottes.“ Stimmt ja, aber es kommt auf das „gut gebraten“ an. Der wahre Altmeister der deutschen Küche, Alfred Walterspiel, vertrat die Ansicht, nur die nicht über fünf Monate alte Stubengans käme für die raffinierte Küche in Frage, und schrieb zur Martinigans: „Für die Herstellungsdauer lässt sich keine Regel festsetzen: Gänse von fünfzehn Pfund sind bisweilen schon in eineinhalb Stunden fertig, mit anderen müssen wir einfach Geduld haben, bis sie weich sind.“

Da Geduld heute nicht mehr zu den weit verbreiteten Charaktereigenschaften gehört und viele Köche unter stärkerem Zeitdruck stehen denn je zuvor, gehe ich zum Gansl-essen nur dorthin, wo ich weiß, dass ich mich auf die Küche verlassen kann, zum Beispiel in die „Taube“ in Alberschwende, deren Motto lautet: „So gut wie früher – nur heute“. In diesem Wirtshaus kommt noch als Pluspunkt dazu, dass nicht nur der klassische Gänsebraten mit Quitten-Blaukraut und Kartoffelknödel (oder mit Kraut-Specksalat und Schupfnudeln, je 24,50 Euro) auf der Karte steht, sondern auch andere Teile des Vogels, die Leber als Terrine mit Feldsalatspinat und Birnenscheiben (9,50) oder das Herz der Gans als Beuschel mit Semmelknödel (7,80).

Nicht ganz so wuchtig wie der Braten ist das Gänsefleisch als Ganslragout mit buntem Gemüse in einer Blätterteigpastete (8 Euro). Der „Taube“-Wirt Lothar Eiler bezieht seine Bio-Weidegänse von der Familie Bechter aus Hittisau, wo die Tiere ab der 3. Lebenswoche ständig im Freien sind. Die jetzt geschlachteten Gänse aus um Pfingsten herum gelegten Eiern sind etwas älter als fünf Monate, aber ich glaube, Walterspiel hätte ihr dunkles, feinfaseriges Fleisch trotzdem zu schätzen gewusst. Weidegänse sind fettärmer als Mastgänse, sodass Walterspiel seine Junggänse in zusätzlichem Fett briet, während man bei Mastgänsen deren eigenes Fett auf ein Viertel reduzieren muss. Die Leber von Weidegänsen – bitte nicht mit Stopfleber verwechseln! – ist eine echte Delikatesse, ebenso wie die kross gebratene Haut. In der „Taube“ gilt die Gansl-Karte noch bis zum 12. November, am darauffolgenden Wochenende vom 16. bis 19. November ist dann Schlachtpartie. Um Tischreservierung wird gebeten.

Wirtshaus „Taube“, Lothar Eiler, Hof 9, 6861 Alberschwende,
Tel. 05579/4202, Fax –4, gasthaus@taube.at, www.taube.at,
Öffnungszeiten Do bis Di ab 10 Uhr, Ruhetag Mittwoch.