Wohin zur Wintersonnenwende?
Da ich nicht annehme, dass Sie diese Zeilen während des Weltuntergangs oder gar nach ihm lesen, sind offenbar noch ein paar Stunden Zeit bis dahin, was die Frage aufwirft, wohin man bei einem solchen Anlass essen geht. Es ist eine ähnlich gelagerte Frage wie die der Henkersmahlzeit, und diese kann man durch einen Blick auf die US-Statistik klären: Die meisten Verurteilten haben vor der Hinrichtung einen Burger oder ein Steak verlangt. Einen Wunsch nach Kaviar oder Trüffeln hätten die texanischen Gefängnisbehörden allerdings auch nicht erfüllt. Die schon lange strengstens geschützten Krammetsvögel blieben dem französischen Präsidenten Mitterrand bei seinem letzten Diner vor dem Absetzen seiner lebenswichtigen Medikamente vorbehalten.
Wenn wir auch völlig schimmerlos wären und die überall abgebildete aztekische Opferscheibe für einen Maya-Kalender hielten, würden wir ins „Mangold“ nach Lochau fahren, weil dort das Essen verlässlich erstklassig ist und wir ja nicht am letzten Abend eine Enttäuschung erleben wollen. Dagegen ist man im „Mangold“ nach unserer Erfahrung bestens gefeit. Wacholderdrosseln (wie die Krammetsvögel zoologisch heißen) gibt es hier zwar auch nicht, weil sie auf der Roten Liste stehen, aber weiße Trüffeln, Entenleber, Jakobsmuscheln, Oktopus und andere Delikatessen, die wir uns immer gerne vorsetzen lassen. Wie wär’s zum Beispiel mit einem Rehfleischpflanzerl mit gebratener Entenleber, Topinambur und Herbsttrompeten als Vorspeise und einem Zanderfilet mit Berglinsen und Stampfkartoffeln als Hauptgang? Ich hatte jüngst ein Carpaccio vom Kalb mit Yuzu und Kerbelknolle, Jakobsmuscheln und Kabeljau mit Rouille-Tortellini im Paprikafond und eine Mandarinen-Crème brulée mit Liköreis, alles bestens auf dem Zwei-Hauben-Niveau der Küche von Mike Schwarzenbacher.
Wer nichts mit Trüffeln, Yuzu, Federkohl und Amaranth-Polenta im Sinn hat, kann natürlich auch Tafelspitz vom Voralpenrind, geröstete Kalbsleber oder Wiener Schnitzel mit Petersilkartoffeln und Preiselbeeren essen und als Nachtisch einen Schokoladen-Heidelbeer-Brownie statt dem lauwarmem Mandelbisquit nehmen.
Beim Wein erscheint mir am erwähnenswertesten, dass es mehrere halbe Flaschen gibt – woanders kriegt man meistens nicht mal mehr eine einzige rote.
Restaurant Mangold, Michael und Andrea Schwarzenbacher, Pfänderstraße 3, 6911 Lochau, Tel. 05574/42431, Fax –9, www.restaurant-mangold.at, office@restaurant-mangold.at, Mi bis So Küchenzeiten 11.30 bis 14 und 18 bis 22 Uhr, Ruhetage Mo und Di.