„Die Botschaft sucht sich jeder selbst“

Wohin / 16.05.2013 • 11:49 Uhr
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„Annamateur & Außensaiter“ präsentieren ihr neues Programm beim Seelax-Festival.

Was für eine musikalische Ausbildung haben Sie genossen?

Annamateur: Ich habe Jazzgesang in Dresden studiert.

Annamateur & Außensaiter gibt es jetzt seit acht Jahren. Wie kam damals die Idee dazu zustande?

Annamateur: „Das eine macht man, das andere mag man“, wurde mir immer gesagt. Will heißen: Man tritt für viel Geld auf Galas auf, wird aber behandelt wie ein halbaufgegessener Teller. Ein wenig Geklimper im Hintergrund. Unterhalten, aber möglichst keine Meinung haben. Das hat mich angepiept. Ich habe mit 13 Jahren begonnen meine ersten Lieder am Klavier zu komponieren und hatte seit jeher eine Meinung. Wenn ich nur Pseudomusik mache, bekomme ich Kummerkrebs, dachte ich. Außerdem habe ich kein Pokerface. Man sieht mir an, wenn ich etwas nicht mag. Ich bin z. B. in der Volksmusik untragbar, auch, wenn ich es sofort singen könnte. Ist ja auch die einfachste Übung.

Wollen Sie mit Ihren Programmen einfach gut unterhalten oder wollen Sie den Zuschauern mit Ihren satirischen Texten eine Botschaft mitgeben?

Annamateur: Das mit der Botschaft ist so eine Sache. Ja, ich habe eine Meinung, und aus dieser wachsen viele meiner Texte. Die Botschaft sucht sich jeder selbst. Wenn ich versuche, den Leuten zu sehr eine Mütze überzuziehen, dann macht das auch keinen Spaß.

Sind Sie vor Ihren Auftritten noch nervös?

Annamateur: Teils, teils. Ich bin besonders dann nervös, wenn ich merke, dass ich völlig unterspannt bin. Das ist nicht gut. Man muss ein Fuchs sein auf der Bühne. Höllenwach, auch wenn man eine tranige Figur spielt. Ich improvisiere viel und löse auch nicht immer alles mit einem neckischen Zwinkern auf. Das ist ein Drahtseilakt. Wenn ich also zu unterspannt bin, kann es passieren, dass die Leute denken, ich nähme mir hinter der Bühne gleich einen Strick bzw. brächte ihnen einen mit. Ich mag schwarzen Humor, und da muss man weich bleiben und wach! Also: Ja, ich brauche ein wenig Bodenfieber.

Sie sind derzeit auf Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Das ist ja sehr anstrengend. Wie entspannen Sie?

Annamateur: Mit Skatspielen, Sitzen und Starren – und dem Versuch, auszuschlafen, obwohl es in den Hotels und Pensionen das Frühstück meist nur bis 10 Uhr gibt. Es ist aber so: Die Stimme ist immer doppelt so müde wie man selbst. Sie braucht also auch lange, um aufzuwachen. Darum zicken Sänger so gern, wenn es um Zugluft und Schlaf geht (lacht).

Sie haben eine sehr starke Stimme, wie sieht Ihr Stimm- und Gesangstraining aus?

Annamateur: Tja, mit Summen, Brummen, Ruhen, viel Trinken, wenig Rauch, und Ausschlafen. Ich singe eh immer. Und noch viel öfter pfeife ich. Das hängt auch zusammen. Beides hat mit einer guten flexiblen Spannung zu tun.

In den vergangenen Jahren haben Sie ja schon unzählige Preise für Ihre Kunst erhalten. Worin sehen Sie das Geheimnis Ihres Erfolges begründet?

Annamateur: Das Geheimnis besteht darin, dass ich nie auf Preise aus war. Wenn sich einer nur auf eine Bühne stellt, damit die Leute sehen, wie gut er ist, wie schön er aussieht und was er alles kann, dann tut mir dieser Mensch leid. Preise sind was Schönes, aber man sollte seine Sehnsüchte in andere Richtungen schicken.

Sie haben einen Sohn im Teenageralter. Hat er Ambitionen, in die Fußstapfen seiner Mutter zu treten und eine Bühnenkarriere zu verfolgen?

Annamateur: Er ist ein verbaler, kreativer Geist. Seit er klein ist, spielt er mit seiner Stimme. Er könnte ein guter Stimmakrobat werden, aber ich wünsche ihm, dass er selbst herausfindet, was ihm liegt. Ich beispielsweise bin eine noch leidenschaftlichere Zeichnerin. Meine gesamten Vorbilder sind im Grafikbereich zu finden.

Sie sind im Mai beim Seelax-Festival in Bregenz mit Ihrem neuen Programm „Scream-shots – ein musikalisches Overheadprojekt“ live zu erleben. Was erwartet die Zuschauer?

Annamateur: Ich hoffe, es unterhält. Jess Jochimsen meinte mal über meine Programme, dass ich Unterhaltung mache, mit der Betonung auf Haltung. Wir haben unsere Band erweitert um ein viertes Mitglied, den Tageslichtprojektor. An diesem zeichne ich live während des Singens und auch in der freien Form. Ich würde es als philosophisches Kabarett betrachten. Mein Gitarrist Samuel Halscheidt und der Cellist Christoph Schenker begleiten, und es wird wieder eine Form theatralischer, musikalischer und grafischer Stücke geben. Mein Lieblingsthema Ordnung und Chaos liegt dem ganzen Stück zugrunde. Und ich warne: Wer nur nachvollziehbares Kabarett gewohnt ist à la „Kennen sie das … Doppelpunkt …“, wird sich ab und an erschrecken. Ich krieche gleich in die einzelnen Rollen, ohne Vorbereitung.

Manch einer ist das nicht gewohnt. Ich will eine Bandbreite an Emotionen. Das ist das Leben, und das interessiert mich. Kurzum: Es wird intensiv! Mehr verrate ich nicht.

Zur Person

Anna Maria Scholz

alias Annamateur

Geboren: 1977

Wohnort: Dresden

Familienstand: in wilder Gemeinschaft lebend

Annamateur & Außensaiter am 22. Mai beim Seelax-Festival. Karten: Musikladen (05522/41000)