Abendessen mit dem Bundespräsidenten

Elias Häfele aus Fraxern über seinen Gedenkdienst im jüdischen Museum Oświęcim (Auschwitz).
Oświęcim, Fraxern Seit September 2019 verrichte ich meinen Zivilersatzdienst als Gedenkdiener am Auschwitz Jewish Center (AJC) in Oświęcim, einer polnischen Kleinstadt, die man auch unter dem Namen Auschwitz kennt. Ganz zufällig bin ich beim Surfen im Internet auf die Seite des Vereins Auslandsdienst gestoßen (www.auslandsdienst.at) und habe so von der Möglichkeit, den Zivildienst im Ausland ableisten zu können, erfahren. Besonders angesprochen hat mich dabei, dass man sich eine Einsatzstelle irgendwo auf der Welt aussuchen kann, dass man während des Einsatzes versichert ist, ein Taschengeld erhalten und eben seinen Zivildienst ableisten kann. Da mir die Wanderlust im Blut liegt, waren – und sind – dies die idealen Voraussetzungen für mich!
Bestens informiert durch meinen Vorgänger und den Auslandsdienst, aber doch auch ein wenig nervös, trat ich also meinen Dienst in Polen an. Schon vor Dienstantritt erlebte ich gleich eine positive Überraschung: In Oświęcim arbeiten Gedenkdiener aus der ganzen Welt und so lernte ich jede Menge interessante und aufgeschlossene Leute kennen, die mir dabei behilflich waren, mich in meinem neuen Leben zurechtzufinden. Auch im AJC, meiner Einsatzstelle, sind neben mir je ein Zivildiener aus Deutschland und der Ukraine tätig.
Das Auschwitz Jewish Center besteht aus dem Museum jüdischer Geschichte und dem daran angeschlossenen Café Bergson. Die Aufgabe von uns Zivis ist es, Führungen in unseren Muttersprachen und auf Englisch im Museum abzuhalten und dort auch die Rezeption zu betreuen. Meist führen wir Klassen durchs Museum, was je nach Klasse entweder interessant oder ziemlicher Stress sein kann. Aber ich bin ja selbst noch nicht so lange aus der Schule, da weiß ich ja eh, was ich sagen muss, damit ich jemanden in meiner Altersgruppe für das Museum interessiere. Im Café Bergson, dem Museumscafé, in dem ich auch arbeite, sind wir stolz darauf, den besten Kaffee der Stadt zu servieren.
Aus aller Welt
Die Arbeit ist sehr spannend, vor allem deshalb, weil ich dabei ständig mit interessanten Menschen aus der ganzen Welt zusammentreffe, wie beispielsweise in den Wochen um die Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers. Eine ganz besondere Ehre war es, Überlebende des Holocausts kennenzulernen. Wenn mir vor Dienstantritt jemand gesagt hätte, dass ich Interviews geben oder zum Abendessen mit Bundespräsident Van der Bellen und seiner Frau eingeladen würde, hätte ich es nicht geglaubt.
In diesen letzten Monaten konnte ich viele großartige Erfahrungen machen und habe Freunde fürs Leben gefunden. Wir Zivildiener an den unterschiedlichen Stellen in Oświęcim sind eng zusammengewachsen und haben uns alle auf die weitere gemeinsame Zeit bis zum Sommer gefreut. Leider hat die Coronakrise zu einem abrupten Ende unserer Pläne geführt. Jene, denen von ihrer Botschaft die Möglichkeit geboten wurde, sind mit den letztmöglichen Bussen in ihre jeweiligen Heimatländer zurückgekehrt. Den letzten Abend, bevor wir uns in alle Himmelsrichtungen zerstreut haben, haben wir am See in Oświęcim verbracht und uns versprochen, sobald wie möglich wieder zurückzukehren. Ich hoffe, dass das schon bald der Fall sein wird. Meine Möbel jedenfalls, die stehen noch in Polen.
Elias Häfele, 18 Jahre, Fraxern
„Ich treffe ständig mit interessanten Menschen aus der ganzen Welt zusammen.“
Nähere Informationen unter:
www.auslandsdienst.at,
www.ajcf.pl/en oder www.oswiecim.pl/en/home