Das kostet der Stau vor dem Pfändertunnel

Einen Stau in Zahlen und Euro zu gießen, ist nicht ganz einfach. Es gibt aber Ansätze.
Darum geht’s:
- Durch den Pfändertunnel pendeln täglich 40.000 Fahrzeuge.
- Staus verursachen erhebliche volkswirtschaftliche Verluste.
- Verkehrsstörungen erhöhen Umwelt- und Produktivitätskosten erheblich.
Schwarzach Der Pfändertunnel bei Bregenz in Vorarlberg ist mit über 40.000 Fahrzeugen täglich ein Verkehrsnadelöhr an der Rheintalautobahn. Kommt es hier zu Stau – etwa durch Baustellen oder Unfälle – sind pro Fahrtrichtung zehntausende Pendler betroffen. So zählte die Asfinag im Jänner durchschnittlich 22.685 Pkw jeden Tag in der Oströhre richtung Norden. Bei einem realistischen Szenario von 30 bis 60 Minuten Zeitverzögerung pro Pendler an einem Werktag entstehen erhebliche volkswirtschaftliche Schäden. Diese ergeben sich aus dem verlorenen Zeitwert, zusätzlichem Treibstoffverbrauch, Umweltbelastungen sowie Produktivitätseinbußen.
Zeitverlust für Pendler
Staus kosten nicht nur Nerven, sondern auch beträchtliche Summen: In Österreich schätzte der Verkehrsclub Österreich bereits 2013 die Staukosten auf rund vier Milliarden Euro pro Jahr, eine Studie im Auftrag des ÖAMTC kam 2015 auf bis zu sechs Milliarden Euro.
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Der größte Posten der Staukosten entsteht durch den Verlust von Zeit. Wenn 20.000 Pendler täglich eine halbe bis eine Stunde länger unterwegs sind, summiert sich das auf 10.000 bis 20.000 Stunden verlorene Zeit pro Tag. Zeit im Stau hat zwar keinen direkten Geldpreis, wird aber in Studien mit einem Anteil des Lohns bewertet. Beispielsweise legt eine deutsche INRIX-Studie 2024 einen halben durchschnittlichen Stundenlohn zugrunde, wie das ZDF aufzeigte. Übertragen auf unser Szenario ergibt sich pro Tag ein indirekter Zeitkosten-Schaden von 100.000 bis 200.000 Euro, wenn man pro Stunde von etwa zehn Euro “Freizeitwert” ausgeht. In Studien geht man grundsätzlich davon aus, dass rund 85 bis 90 Prozent der Staukosten auf Zeitverluste zurückgehen dürften. Dies stellte auch das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln 2009 fest.

Produktivitätsverlust
Zu beachten ist, dass der Zeitverlust der Pendler oft auch ein Produktivitätsverlust bedeutet. Wer wegen Stau später zur Arbeit kommt, fehlt der Firma entsprechend. Fehlen damit 20.000 Menschen für eine halbe Stunde am Arbeitsplatz, gehen dadurch rund 10.000 Arbeitsstunden verloren. Bei einem angenommenen durchschnittlichen Arbeitskostenansatz von 30 Euro pro Stunde entspräche dies etwa 300.000 Euro an entgangener Wertschöpfung für die Arbeitgeber. In der Praxis wird dies zumindest teilweise durch späteres Nacharbeiten kompensiert, doch gerade unverschuldete Verzögerungen sorgen für eine verminderte Produktivität und ungeplante betriebswirtschaftliche Kosten, etwa durch organisatorische Störungen.
Treibstoffmehrverbrauch im Stau
Stop-and-go-Verkehr und Leerlauf lassen den Treibstoffverbrauch pro Fahrzeug deutlich ansteigen. Ein Rechenbeispiel des Schweizer Dachverbands der Wirtschaft anlässlich eines Volksentscheids zum Investitionsbedarf in die Nationalstraßen vom Herbst 2024 zufolge verbraucht ein herkömmlicher Pkw im Stillstand ca. 0,8–1,5 Liter Kraftstoff pro Stunde Leerlauf. Im Pfändertunnel-Stau bedeutet das: Bei beispielsweise 30 Minuten zusätzlicher Staudauer verbraucht jedes der 20.000 Fahrzeuge etwa 0,4–0,8 Liter extra Benzin oder Diesel. Insgesamt sind das rund 8000–16.000 Liter Treibstoff zusätzlich an einem Tag.
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Die direkten Kosten für den Kraftstoff tragen die Autofahrer selbst. Bei einem angenommenen Preis von rund 1,50 €/Liter entspricht der Mehrverbrauch ca. 12.000–24.000 Euro pro Tag, der buchstäblich „im Stau verbrannt” wird. Dieses Geld fehlt den Haushalten für andere Ausgaben – ein Wohlfahrtsverlust.
Umweltkosten
Der stehende Verkehr verursacht zusätzliche Emissionen, die Umwelt und Gesundheit belasten. Aus jedem Liter verbranntem Kraftstoff entstehen etwa 2,4 kg CO₂, wie die Schweizer Wirtschaft berechnete. Geht man von bis zu 16.000 Litern Mehrverbrauch im Pfändertunnel-Stau aus, so werden rund 38 Tonnen CO₂ zusätzlich freigesetzt. Zum Vergleich: Das entspricht etwa 45 durchschnittlichen Pkw-Jahresemissionen. Angenommen wurden die für Neuzulassungen vorgeschriebenen 95 Gramm pro Kilometer.
Monetär bewertet werden Klimakosten oft über den CO₂-Preis. In Österreich beträgt dieser aktuell 55 Euro pro Tonne CO₂. Damit verursachen 40 Tonnen CO₂ etwa 2200 Euro an Klimaschäden nach aktueller Bepreisung. Zwar ist dies relativ gering im Vergleich zu den Zeit- und Spritkosten, dennoch sind es mehrere Tausend Euro pro Tag an externen Kosten, die letztlich von der Allgemeinheit zu tragen sind. Zusätzlich entstehen lokale Luftschadstoffe (Stickoxide, Feinstaub) durch den Stau. Diese erhöhen Gesundheitskosten (etwa durch Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen) – eine genaue Bezifferung ist schwierig, aber sie fließt in Schätzungen zu externen Kosten mit ein. Laut VCÖ liegen mit Stand 2022 die externen Umwelt- und Unfallkosten des Autoverkehrs pro 1000 km bei etwa 160 Euro.
Kosten für die Wirtschaft
Die Stauzeiten schlagen auch auf die Wirtschaft und Arbeitgeber durch. Arbeitnehmer kommen zu spät oder Lieferungen verzögern sich. Eine direkte betriebswirtschaftliche Folge ist etwa, dass Überstunden anfallen oder Aufträge später erledigt werden können. In Extremfällen können Produktionsprozesse stocken. Ein Beispiel aus Tirol verdeutlicht dies: Während der monatelangen Sperre des Arlbergtunnels 2024 musste ein Tiroler Lebensmittelgroßhändler weite Umwege fahren, was allein für diesen Betrieb Zusatzkosten von rund 100.000 € verursachte.